Header
   Shortcuts: Hunde| Katzen | Heimtiere | Vögel | Einreisebestimmungen | Tierärzte | Suche
     
webvet.de> Erkrankungen > Diabetes mellitus bei der Katze
Start
 
 
 Bücher

Katzenkrankheiten

Katzenkrankheiten. Klinik und Therapie.
von Wilfried Kraft, Ulrich M. Dürr
ISBN: 3794401786


Sonstiges
  News auf PDA / Pocket PC lesen
  News auf WAP-Handy lesen


Diabetes mellitus bei der Katze

Die Leitsymptome starker Durst (Polydipsie), häufiges urinieren (Polyurie) und evt. Fressucht zusammen mit Gewichtsverlust und ein schlechtes Allgemeinbefinden deuten immer auf einen Diabetes mellitus hin. Zur Diagnoseabsicherung sollte immer eine Blutuntersuchung incl. Fruktosaminbestimmung durchgeführt werden. Diese Untersuchungen kann nur ihr Tierarzt durchführen, den sie bei beobachten obiger Symptome unverzüglich aufsuchen sollten.

Ein absoluter oder relativer Mangel an Insulin führt bei Katzen zu einem Diabetes mellitus, auch Zuckerkrankheit genannt. Diese Erkrankung hat in erster Linie Auswirkungen auf den Kohlenhydrat und Fettstoffwechsel. Ausgelöst wird sie dabei durch eine angeborene oder erworbene Schwäche der Bauchspeicheldrüse bzw. ihrer Langerhansschen Inseln Insulin zu produzieren oder durch Übergewicht, wobei einfach die Bauchspeicheldrüse nicht mehr in der Lage ist, die Körpermasse ausreichend mit Insulin zu versorgen.

Die WHO (1980) klassifiziert den Diabetes mellitus des Menschen in folgende Typen, die auch für die Katze angenommen werden:


1. Primärer Diabetes mellitus:
- Typ I oder insulinabhängiger Diabetes mellitus (insulin-dependent diabetes mellitus, IDDM), früher juveniler Diabetes mellitus: Hierbei besteht ein absoluter Insulinmangel durch Verlust oder Zerstörung der Insulinproduzierenden Zellen (ß-Zellen der Langerhansschen Inseln) der Bauchspeicheldrüse. Als Ursache werden genetisches Fehlen und Autoimmunkrankheiten der ß-Zellen auch bei der Katze diskutiert, gefunden wurden ferner virale Infektionen (feline Parvovirose = Katzenseuche) In manchen Fällen entwickelt sich im Verlauf einer Bauchspeicheldrüsenentzündung ein IDDM. Bei der Katze werden zusätzlich Vakuolisierung und Degeneration unbekannter Ursache, ferner Zerstörung der ß-Zellen durch Stoffwechselablagerungen gefunden.
- Typ II oder insulinunabhängiger Diabetes mellitus ( non-insulindependent diabetes mellitus, NIDDM), früher auch Erwachsenendiabetes: Es besteht ein häufig normaler oder sogar erhöhter Insulin-Blutspiegel, wobei jedoch die peripheren Gewebe weniger insulinempfindlich sind (Insulinresistenz). Der NIDDM kann durch Erschöpfung der ß-Zellen in den IDDM übergehen. Der NIDDM kommt bei der Katze offensichtlich häufiger vor als beim Hund. Besonders übergewichtige Katzen sind betroffen, wobei mit dem Übergewicht eine Insulinresistenz einhergeht. Dabei bestehen ebenfalls häufig Stoffwechselablagerungen (Amyloidablagerung) in den ß-Zellen.


2. Sekundärer Diabetes mellitus:
- Bisweilen auch als Typ-III-Diabetes bezeichnet. Es handelt sich um Kohlenhydratstoffwechselstörungen, die einer anderen Grundkrankheit oder therapeutischen Maßnahme sekundär folgen. In Frage kommt ein durch den Tierarzt ausgelöster oder spontaner Überschuss an Kortison oder durch den Tierarzt ausgelöster oder spontaner Überschuss an Wachstumshormonen.


3. Transiente Hyperglykämie (Stresshyperglykämie) der Katze:
- Unter Stresszuständen kommt es bei der Katze sehr häufig zu einer akuten Erhöhung des Blutzuckers. Beteiligt sind Stresshormone und Glukokortikoide. Der Überschuss an Blutzucker (Hyperglykämie) ist vorübergehender Natur und klingt nach Ende des Stress ab. Da der Zustand bei sehr vielen Katzen vorkommt, ohne dass sich jemals ein Diabetes mellitus ausbildet, dürfte es sich nicht um ein klinisches Vorstadium eines Diabetes mellitus handeln.


Ursachen: Zugrunde liegt ein absoluter oder relativer Insulinmangel. In beiden Fällen führt der Insulinmangel zu einer verminderten Nutzung von Fetten, Kohlenhydraten und Aminosäuren. Die Folge ist eine Erhöhung der Glukose im Blut (durch Glukoneogenese und verminderte Nutzung bzw Verbrauch der Nahrungs-Kohlenhydrate). Obwohl im Blut der Zuckerspiegel sehr hoch ist, kann die Zelle durch den Mangel an Insulin nichts damit anfangen. Dies zieht eine negative Energiebilanz nach sich, so dass es zum Fett- und Protein-(Muskel-)Abbau kommt. Darüber hinaus wird Energie in Form von Glukose mit dem Urin verloren. Die Nierenschwelle bei der Katze liegt dabei bei einem Blut-Glukosespiegel um 300 mg/dl und mehr erst dann kommt es zum Auftreten von Zucker (Glucose) im Urin (Glukosurie). Insgesamt führt die negative Energiebilanz zu einem Gewichtsverlust trotz vermehrtem Fressen. Wenn die Blut-Glukose jedoch sehr stark ansteigt, wird das Hungerzentrum beeinflusst, so dass kein Hungergefühl aufkommt. Insbesondere Katzen verweigern dann die Futteraufnahme mit der Folge verstärkter Mobilisierung der Fettdepots, noch verstärkt durch Stresshormone, insbesondere Glukokortikoide, die zum einen die Triglyzeridlipase aktivieren und damit zu einem weiterhin verstärkten Fettabbau führen, zum andern die periphere Insulinresistenz noch verstärken. Die frei werdenden Fettsäuren werden nicht verstoffwechselt, sondern in der Leber abgelagert. Hieraus folgt das gefürchtete Krankheitsbild der Lipidose mit oft schwerer Fettleber.
Durch die Viskositätserhöhung des Blutes in Verbindung mit dem Wasserverlust infolge der Glukosurie wird ein verstärktes Durstgefühl ausgelöst. Die Folge sind starker Durst (Polydipsie) und in Folge dessen natürlich auch eine vermehrte Urinproduktion (Polyurie).
Im Gegensatz zum Hund kommt es bei der Katze allerdings sehr selten zu einer Linsentrübung
Eine weiter Komplikation beim Diabestes der Katze ist die sogenannte Ketoazidose. Bei dieser, durch den Insulinmangel ausgelösten Störung des Fettstoffwechsels bestehen Polydipsie und Polyurie weiter fort, die Tiere hören allerdings auf zu fressen. Man beobachtet dabei auch meist Gewichtsverluste. Es besteht ein schwer gestörtes Allgemeinbefinden, die Tiere sind häufig apathisch, zeigen oft Erbrechen und Durchfall. Die klinische Untersuchung ergibt häufig eine mäßige bis hochgradige Austrocknung, allgemeine Schwäche, einen stechenden bis fruchtigen Mundgeruch, eine hastige und tiefe Atmung (Kußmaulsche Atmung).


Sekundärkrankheiten werden bei Diabetes mellitus häufig gefunden. Folgen sind Geschwüre der Augen, Zahnfleischentzündungen und Nierenschwächen, ferner symptomfreie Ausscheidung von Bakterien im Urin und eine allgemeine Infektionsanfälligkeiten. Nicht selten findet man bei diabetischen Katzen bakterielle Blasenentzündungen. Begünstigt werden die Sekundärkrankheiten durch diabetische Störungen des Immunsystems sowie durch eine diabetische Durchblutungsstörung der Gewebe.


Diagnose: Eine Blut-Glukose beim Hund, der innerhalb der letzten sechs Stunden nicht gefüttert worden ist, von > 200 mg/dl sprechen für einen Diabetes mellitus. Bei der Katze können kurzfristig, z.B. durch Stress bei der Blutabnahme) wesentlich höhere Werte erreicht werden, so dass die einmalige und die ausschließliche Bestimmung der Blut-Glukose unsicher ist. Eine wesentliche Verbesserung wurde durch die zusätzliche Untersuchung des Fruktosamins erzielt. Seine oberen Grenzwerte liegen bei 340 µmol/l. Besteht über eine längere Zeit eine Erhöhung des Blutzuckerspiegels, wie beim Diabetes mellitus, dann werden die Grenzwerte überschritten.
Wenn die - bei Hund und Katze unterschiedlich hohe - Nierenschwelle überschritten wird, findet sich Glukose auch im Urin. Dies ist allerdings nicht nur bei Diabetes mellitus der Fall, sondern auch nach Glukoseinfusion oder oraler Aufnahme von Kohlenhydraten. Bei chronischer Niereninsuffizienz kann es zu Rückresorptionsstörungen und damit zu Verlusten von Glucose mit dem Urin (Glucosurie) auch bei niedrigeren Blut-Glukosewerten kommen.
Auch auf den Elektrolyt und Mineralstoffwechsel wirkt sich ein Diabetes aus. Bei neun von zehn Katzen mit einem niedrigen Kalium Wert im Blut, kann als Ursache eine Diabetes mellitus angenommen werden.
Durch die Austrocknung wird nicht selten eine Konzentration des Blutes ausgelöst, mit erhöhtem Hämatokritwert und Hyperproteinämie. Als Komplikation bei lange bestehendem Diabetes mellitus kann eine chronische Niereninsuffizienz auftreten.

Therapie:

1. Die Behandlung mit oralen Antidiabetika soll die Aktivität der noch funktionsfähigen ß-Zellen steigern. Oralantidiabetika sind fast nur bei der Katze wirksam.

2. Die Behandlung mit Insulin erfordert eine exakte Einstellung und die richtige Wahl des Insulins.
Die benötigte Insulindosis hängt ab von dem Defizit an körpereigenem Insulin und ist von Tier zu Tier verschieden. Als Richtwert für die Dosierung gelten 0,5 IE/kg (Caninsulin®, Fa. Intervet ) Körpergewicht (KGW) 2 x tgl. bei einer Blutglukose von 360 mg/dl und mehr bzw. 0,25 IE/kg KGW, wenn der Blutglukosewert unter 360 mg/dl liegt. Anpassungen sollten nicht häufiger als alle 3 - 4 Tage vorgenommen werden.
Ist die ideale Insulinmenge gefunden geht man wie folgt vor:
- Fütterung morgens 50 % der Tagesmenge (Gesamttagesenergie: Katzen 78 kcal (328 kJ)/kg KM). Dabei am ehesten ein Fertigfutter verwenden, dass nach einer sogenannten geschlossenen Rezeptur hergestellt wurde, d.h. es kommt nicht zu Schwankungen bei den Zutaten wie beim "normalen" Fertigfutter. Die gefütterte Menge sollte konstant sein
- Danach Injektion der ermittelten Insulinmenge: Wenn das Futter gut aufgenommen wird: gesamte Insulinmenge s. c. geben. Bei geringerer Futteraufnahme die Hälfte des Insulin geben.
- Nächste Fütterung am Nachmittag bis Abend etwa 2 Stunden vor dem Zeitpunkt des niedrigsten Blut-Glukosespiegels (i. Allg. 8 bis 10 Std. nach der Insulingabe)
- Nächste Insulingaben hängen vom gefundenen Rhythmus und von der Wirkungsdauer des Insulins ab (i. Allg. 12 Stunden nach der ersten Injektion). Ketoazidose mit gestörtem Allgemeinbefinden (diabetisches Koma):
Die häufigsten Fehler betreffen die Insulinmenge. Sie wird nicht exakt kontrolliert. Die Verlaufskontrolle einmal am Tag ist zur Einstellung völlig ungeeignet und kann infolge unbeachsichtigter Überdosierung zum so genannten Somogyi-Effekt (oder -Over-swing) mit der Folge einer unentdeckten Hypoglykämie führen. Durch eine zu hohe Dosis sinkt die Blut-Glukose zu weit ab. Auf dem tiefsten Punkt werden die Stresshormone (Kortisol, Glucagon, Katecholamine) ausgeschieden, die zu einem raschen Anstieg der Blut-Glukose führen, so dass Werte erreicht werden, die über dem Ausgangswert liegen. Wenn dann erst am folgenden Tag gemessen wird und der Glukosewert über dem Ausgangswert liegt, verführt dieser Befund zu einer Insulindosiserhöhung, so dass mit einer ernsten Hypoglykämie gerechnet werden muss. Nicht jedes Insulin ist bei allen Individuen gleich gut wirksam. In manchen Fällen verliert ein Insulin die Wirksamkeit (Resistenzentwicklung, Antikörperbildung). In diesen Fällen muss auf Insulin einer anderen Tierart gewechselt werden.
Sekundärer Diabetes mellitus:
Wichtig ist die Behandlung oder Abstellung der Ursache. Dies betrifft insbesondere einer Cortisontherapie durch den Tierarzt. Wenn die ursächliche Therapie frühzeitig durchgeführt wird, dann kann der sekundäre Diabetes mellitus vollständig ausheilen. Die entsprechende Therapie muss daher sofort bei Diagnose des Diabetes mellitus eingeleitet werden.

Impressumdisclaimer