Synonym
In Europa von Bedeutung
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Urbane Tollwut-Form (Hund, Katze
und Mensch)
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Silvatische Tollwut-Form (Rotfuchs)
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Fledermaustollwut (Fledermäuse)
Tollwut kommt in fast allen Ländern Kontinentaleuropas
vor. Portugal, Norwegen, Schweden, Großbritannien und Irland
sind jedoch tollwutfrei. Bei der Tollwut handelt es sich um eine
Zoonose.
Mit über 70 % entfällt der größte Anteil aller
erfaßten Tollwutfälle auf den Fuchs. Es ist jedoch mit
einer hohen Dunkelziffer zu rechnen, da ca. 90 bis 98 % der Tollwutfälle
bei Füchsen nicht erfaßt werden. Seit der Einführung
eines Tollwut-Überwachungssystems in Europa durch die WHO im
Jahre 1977 war das höchste Tollwutaufkommen in Europa im Jahre
1989 (24.377 angezeigte Tollwutfälle) zu verzeichnen. In Deutschland
sind in erster Linie Weiderinder, Pferde und Schafe betroffen, die
von einem Fuchs gebissen wurden.
Durch die Einführung der Impfung gegen Tollwut bei Hund und
Katze ist ein deutlicher Abfall der Krankheitsfälle zu verzeichnen.
Tollwut wird in Deutschland daher bei diesen beiden Tierarten kaum
noch gesehen.
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Übertragung
Bei Hund, Katze und Mensch gelangt das Virus meist
durch den Biß eines tollwütigen Tieres mit dessen Speichel
in die entstandene Wunde. Das infizierte Tier kann zum Zeitpunkt
des Bisses ohne klinische Symptome gewesen sein.
Das Virus wandert nach dem Biß zentripedal entlang der Nerven
ins ZNS. Im Gehirn erfolgt eine starke Vermehrung des Virus. Das
Virus breitet sich dann zentrifugal entlang der Nerven aus und
gelangt so unter anderem in die Speicheldrüse. Dort vermehrt
es sich und kann dann erneut mit dem Speichel ausgeschieden werden.
Die Virusausscheidung beginnt meist erst kurz vor dem Auftreten
der neurologischen Symptome und dauert bis zum Tode des Tieres
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an. In Europa ist der Rotfuchs der Hauptüberträger
der Tollwut. Über den Zeitraum eines Jahres zeigt die Tollwut,
bedingt durch die Lebensweise des Fuchses, einen biphasischen Verlauf.
Zur Ranzzeit im Frühjahr und zur Zeit des Raubmündigwerdens
der Jungfüchse im Spätsommer und Herbst kommt es gehäuft
zu Revierkämpfen und Beißereien und somit zur Übertragung
des Tollwutvirus unter den Tieren. Hieraus erklären sich die
in typischer Weise im Frühjahr und im Herbst auftretenden Seuchengipfel.
Auch die vermehrt in die Städte einziehenden Marder stellen ein
erhöhtes Risiko dar.
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Wichtige
klinische Symptome
Klassischerweise wird die Tollwut in drei
Stadien unterteilt.
Erkrankte Tiere durchlaufen jedoch nicht immer alle drei Stadien.
Die einzelnen Stadien überlappen sich oft und die jeweiligen
Erscheinungsbilder können sehr variabel sein. Häufig sind
die Tiere zu Beginn der Infektion klinisch völlig unauffällig.
Zum besseren Verständnis des Krankheitsbildes hier eine Aufführung
der möglichen klinischen Symptome in den drei Stadien:
Prodromalstadium
Der Hund zeigt Wesensveränderungen, wie beispielsweise überfreundliches
Verhalten von ansonsten scheuen Tieren, Schnappen nach imaginären
Fliegen, Halluzinationen, Weglaufen ohne besonderen Grund
Menschen zeigen in diesem Stadium Parästhesien
im Bereich der Bißwunde, Übelkeit und Erbrechen
Exzitationsstadium
("Rasende Wut")
Beim Hund kommt es zu starkem Speicheln, da die Tiere unfähig
sind zu Schlucken. Hypersexualität, Bellen, Raserei und
Hydrophobie treten ebenfalls auf.
Menschen zeigen starke motorische Unruhe,
tonisch-klonische Krämpfe, Wutanfälle, Hydrophobie
und Speichelfluß durch die Unfähigkeit zu Schlucken.
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stark speichelnder Tollwutkranker
Hund
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Paralyse- oder Depressionsstadium
("Stille Wut")
Der Hund kann einen stupiden Blick und eine heisere Stimme zeigen.
Es können Rumpf-, Gliedmaßen und Unterkieferlähmungen
auftreten
Menschen zeigen eine zunehmende schlaffe Lähmung
der Kopfmuskulatur. Der Tod tritt infolge von Atem- oder Herzlähmung
auf
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Tollwutkranker Hund mit stupiden Blick
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Inkubationszeit
- Unter natürlichen Bedingungen meist 1
- 2 Monate
- In seltenen Fällen 6 Monate und mehr
Diagnose
Klinisch kann am lebenden Tier nur eine Verdachtsdiagnose gestellt
werden. Alle ungeimpften Hunde, die ohne ersichtlichen Grund stark
speicheln oder unklare neurologische Symptome zeigen, sind verdächtig.
Eine endgültige Diagnose kann nur am toten Tier gestellt werden.
Eine schnelle und sehr genaue Diagnose ist hierbei der Nachweis des
viralen Antigens mittels fluoreszierender Antikörper in Gehirnschnitten.
Auch der Nachweis des Virus mittels PCR ist beschrieben.
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Therapie
eine Therapie ist seuchenrechtlich verboten. Es sind nur folgende
Vorgehensweisen gestattet. Die Tollwut ist eine anzeigepflichtige
Seuche !
- Vorgehen des Tierarztes/Besitzers bei Tollwutverdacht
Unabhängig vom aktuellen Impfschutz ist bei Tollwutverdacht
vor amtlicher Feststellung durch den Amtstierarzt der lebende
Hund durch den Besitzer so abzusondern, daß er nicht mit
anderen Tieren oder Menschen in Berührung kommt. Der Hund
darf nicht in eine Klinik verbracht werden. Ist dies bereits geschehen,
so muß der Hund unter den entsprechenden Bedingungen abgesondert
werden. Tote Tiere sind so aufzubewahren, daß Menschen oder
Tiere nicht mit ihnen in Berührung kommen. Sie dürfen
ohne Genehmigung nicht vom Standort entfernt werden. Immer ist
das zuständige Veterinäramt zu verständigen.
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Vorgehen des Amtstierarztes bei Ansteckungsverdacht
Hunde, die Kontakt mit seuchenkranken Tieren hatten und nicht
geimpft sind, müssen getötet werden. Ein Tier gilt
als seuchenkrank, wenn in einer virologischen Untersuchung Tollwut
festgestellt wurde. Bei Kontakt ungeimpfter Hunde mit seuchenverdächtigen
Tieren kann eine Tötung angeordnet werden. Ein Tier gilt
als seuchenverdächtig, wenn durch klinische oder pathologisch-anatomische
Untersuchung und epidemiologische Anhaltspunkte oder wenn durch
histologische Untersuchung Tollwut festgestellt wurde. Eine
Ausnahme stellen Hunde dar, die nachweislich unter einem wirksamen
Impfschutz stehen. Sie sind bei Ansteckungsverdacht unverzüglich
erneut gegen Tollwut zu impfen und unter behörliche Beobachtung
zu stellen.
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Vorgehen des Amtstierarztes bei Seuchenverdacht
Der Hund muß getötet werden, es sei denn, er steht
nachweislich unter wirksamem Impfschutz oder er hat einen Menschen
gebissen. In diesem Fall wird zwei Wochen behördliche Beobachtung
bis zur Bestätigung/Beseitigung des Verdachtes angeordnet.
Führt die amtstierärztliche Untersuchung bei einem
als seuchenverdächtig gemeldeten Haustier nicht zu einem
eindeutigen Ergebnis, so ist eine behördliche Beobachtung
von mindestens 3 Monaten anzuordnen.
Die Tollwutverordnung (TVO) wurde am 21.12
2000 geändert. Die Verordnung ist im Buch "Veterinärvorschriften
des Bundes" von Wolff, Zrenner und Grove nachzulesen.
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Prognose
infaust, d.h. immer tödlich
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Vorbeugung
Meist wird die Tollwut-Impfung in Kombination mit anderen Impfstoffen
1 x jährlich verabreicht. Die Erstimpfung sollte nicht vor dem
3. Lebensmonat erfolgen. Eine einmalige Impfung ist zur Grundimmunisierung
ausreichend. Die aktive Schutzimpfung bei Tieren darf nur als prophylaktische,
präventive Schutzmaßnahme durchgefürt werden. Postinfektionelle
Erstimpfungen sind bei allen Tieren verboten! Viele Hundebesitzer
nehmen ihr Tier während des Urlaubs mit ins Ausland. Deshalb
ist eine Tollwutimpfung erforderlich. In allen europäischen Staaten
ist eine Tollwutimpfung zur Einreise
vorgeschrieben, auch bei der Wiedereinreise nach Deutschland.
Bei Katzen wird in letzter Zeit immer wieder darüber diskutiert,
inwieweit die Tollwutimpfung an der Entstehung von Fibrosarkomen beteiligt
ist. Daher sollte die Impfung von Lebensumständen der einzelnen
Katze abhängig gemacht werden. Ausschließlich im Haus gehaltene
Katzen sollten nicht geimpft werden.
Beim Menschen kann durch eine rechtzeitige, in der Inkubationszeit
begonnene aktive Immunisierung der Ausbruch der Krankheit verhindern
werden. Eine prophylaktische Impfung bei Personen mit erhöhtem
Expositionsrisiko ist ebenfalls möglich.
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Geschichte
Tollwut gehört zu den am längsten bekannten Infektionskrankheiten.
Schon seit etwa 2300 v. Chr. ist bekannt, daß die Seuche durch
Biß übertragen wird. Louis Pasteur entwickelte 1885 eine
Schutzimpfung aus attenuierten Erregern gegen die Infektion. Ab 1955
wurden Impfstoffe eingesetzt, die nach einem an Tollwut gestorbenen
Mädchen namens "Flury" benannt waren. 1977 wurden die
heute verwendeten HDC-Impfstoffe (human-diploid-cells-Vakzine) in
Deutschland für die post- (nur beim Menschen) und präinfektionelle
Anwendung zugelassen.
Klassifizierung
Das Tollwutvirus ist ein RNS-Virus und gehört zur
Familie der Rhabdoviridae
Gattung: Lyssavirus
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